Wie erkenne ich falsche Gesundheitsinfos?
Geschrieben von Johannes Schleicher am 26. April 2021
Kategorie: Allgemein
Das Internet ist ein Ort, an dem man Antworten auf nahezu alle Fragen bekommt, die einem in den Sinn kommen. Das ist erst einmal großartig. Problematisch daran ist allerdings, dass viele Antworten schlicht und ergreifend falsch sind; irreführend, nicht durch Fakten untermauert und unwissenschaftlich.
Das ist nicht so schlimm, wenn es darum geht, was das beste Ostergeschenkpapier ist oder welcher Staubsauger am lautlosesten saugt.
Wenn es aber um die Gesundheit geht, kann es leicht sehr gefährlich werden. Da aber die Gesundheit uns sehr am Herzen liegt, gibt es dazu auch wahnsinnig viele – und auch wahnsinnig viele falsche – Infos im Internet.
Ein gravierendes Beispiel dafür ist das Gesundheitsblatt mit Titeln wie "Der Krebs stirbt aus, wenn du beginnst, diese Lebensmittel zu essen."
Mit diesem Beitrag erklären wir, wie Sie glaubhafte, versierte Infos von Fehlinformationen unterscheiden können.
1. Du würdest nie glauben, was diese 10 Wunderheilmittel bewirken können!
Schauen Sie sich an, wie die Titel des Posts, des Videos oder der Webseite aufgemacht sind. Werden reißerische Überschriften (Clickbait) genutzt, um Aufmerksamkeit zu erwecken?
Zeichen dafür, dass es sich um Clickbait handelt:
- Auslassung von Inhalten:
Er trank einen Monat lang Ginsengsaft – das Resultat wird dich umhauen! - Übertriebener Einsatz von Großschreibung oder Satzzeichen:
Diese 5 TOP SECRET TIPPS helfen dir dabei, SCHLANK zu werden! - Fragen, die Inhalte nur ahnen lassen:
Wie viel wissen Sie wirklich über Aids?
Damit ist nicht gesagt, dass alles automatisch Clickbait ist, was einem dieser Punkte ähnelt. Man sollte aber besser zweimal hingucken, wenn ein Titel so aussieht.
Seriöse Quellen bedienen sich dieser Methoden gewöhnlich nicht, sondern drücken im Titel schlicht aus, welche Informationen man erhalten wird, wenn man den Beitrag liest, sich das Video ansieht oder ähnliches.
Genauso ist es mit Inhalten, die zunächst einmal klug und logisch klingen, bei denen es sich jedoch eher um Stilmittel als um Wahrheitsübermittlung handelt.
Ein Beispiel: Der Maskenwitz
"Halt dir doch mal deine Maske vor die Nase und renn durch ne Männerumkleide – riechste doch trotzdem, oder?"
Das ist schon lustig. Und über dem Lachen vergisst man dann gerne, dass eine Maske dazu da ist, Aerosolausstoß zu vermindern, nicht, die Gasaufnahme zu unterbinden.
2. Wer stellt die Information bereit?
Schauen Sie ins Impressum der Seite, von der Sie Ihre Infos beziehen. Handelt es sich um ein Institut, eine staatliche Einrichtung oder um Privatpersonen?
- Wenn es schwer wird, herauszufinden, um wen genau es sich handelt, ist Vorsicht angesagt
- Privatpersonen posten nicht automatisch Fehlinformationen, aber für wirklich vertrauenswürdige Infos sollte man sich an offizielle Anlaufstellen halten
Wenn jemand gezielt Fehlinformationen verbreiten will, kommt es oft vor, dass er seinem Internetauftritt einen offiziellen Auftritt gibt, um so zusätzlich Vertrauen zu erwecken.
Ein Beispiel ist das Institut für Reigiosität in Psychiatrie und Psychotherapie (RPP), dessen Hauptziel es eigentlich ist, "Psychiater, Psychotherapeuten und Psychologen in ein direktes Gespräch mit Religionswissenschaftlern, Philosophen und Theologen zu bringen."
Dabei verfolgt das Institut tatsächlich – trotz gegenteiliger Behauptungen – eine erzkonservative Agenda mit überaus fragwürdigen Inhalten wie beispielsweise die "Heilung" von Homosexuellen oder auch die Zuhilfenahme übernatürlicher Erklärungen bei psychiatrischen Diagnosen.
Seit der Corona-Pandemie verharmlost es diese und polemisiert gegen österreichische Maßnahmen.
Das Gesundheitsblatt, von dem weiter oben schon berichtet wurde, hat ein Impressum, das auf den Namen "Sascha Dallmann" verweist, der in Schweindorf wohnt.
Und selbstverständlich ist das noch kein Beweis für Fehlinformationen. Wenn es sich aber um Fragen der Gesundheit – wie oben erwähnt beispielsweise der Heilung von Krebs – handelt, sollte man doch eher einem seriösen, wissenschaftlichen Institut Glauben schenken als Herrn Dallmann. Beispielsweise dem Onko-Internetportal der Deutschen Krebsgesellschaft.
3. Welche Absicht hat die Seite, die Ihnen die Infos gibt, Ihrer Meinung nach?
Wenn eine Webseite ein Produkt bewirbt, heißt das nicht, dass das Produkt automatisch schlecht ist. Aber es heißt, dass die Information der Seite darauf abzielt, dass Sie das Produkt kaufen, nicht zwingend, objektiv Bericht zu erstatten.
Kaufaufforderungen sind manchmal sehr offensichtlich. Das heißt, dass die Seite die Werbeabsicht nicht verbergen will.
Man kann aber auch scheinbar einfach so auf Produkte verweisen, für diesen Verweis aber dann Geld bekommen, wenn es zum Kauf kommt. Auch das ist nicht prinzipiell schlimm, sollte aber gekennzeichnet werden.
Bei den Videos des Gesundheitsblatts beispielsweise werden Produkte folgendermaßen verlinkt:
Geheime Angebote auf Amazon: https://amzn.to/3alvZnb *
Das Sternchen verweist darauf, dass es sich um einen Affiliate Link handelt. Das ist prinzipiell schon einmal gut. Allerdings wissen die meisten wahrscheinlich nicht, was ein Affiliate Link ist, und können mit dieser Information deshalb auch nichts anfangen.
Was ist ein Affiliate Link?
Ein Affiliate Link ist ein Link, der einem Verkäufer sagt, von welcher Webseite ein Käufer gekommen ist. Bei einem Kauf erhält der Seitenbetreiber, der den Affiliate Link auf seiner Seite hat, dann eine Provision. Das ist nichts illegales, sollte aber gekennzeichnet werden.
Der Clickbait "geheime Angebote" ist dann schließlich das genaue Gegenteil von Seriosität. Welcher Verkäufer sollte ein Geheimnis aus Angeboten machen, die Menschen helfen und mit denen er Geld machen kann?
4. Wo finden Sie die Info?
Viele Menschen finden ihre Informationen auf Facebook, Twitter und Co. Daran ist prinzipiell nichts verkehrt. Allerdings sollte man sich die Informationen sorgfältig ansehen, bevor man sie als "wahr" ansieht beziehungsweise weiterverteilt.
Vergewissern Sie sich, wer hinter dem originalen Inhalt des Posts steckt, und sehen Sie sich an, um wen es sich handelt. Wenn keine Quelle identifiziert werden kann, sollte der Info mit Vorsicht begegnet werden.
5. Es gibt keine Wundermittel
"5 Möglichkeiten, das Sehvermögen ohne Brille zu verbessern"
"Nur 1 Blatt Rosmarin pro Tag und du wirst nie an diesen Krankheiten leiden"
"Trinke eine Tasse von diesem tollen Rezept, um deinen Darm zu reinigen und Verstopfung zu bekämpfen!"
"Der Krebs stirbt aus, wenn du beginnst, diese Lebensmittel zu essen."
Das Internet (vor allem der Youtube-Kanal des Gesundheitsblattes, aus dem diese Titel stammen) ist voll von angeblichen Wunderheilmitteln, die Schlag auf Fall mitunter auch todernste Krankheiten kurieren sollen.
Der einfachste Beweis dafür, dass das Unsinn ist: Jeder würde sie nutzen, wenn es sie tatsächlich gäbe, und die Krankheiten gäbe es dann schlicht nicht mehr.
Warum wir trotzdem oft an Wundermittel glauben, liegt daran, dass es uns einen Traum erfüllen würde, wenn es sie wirklich gäbe. Das macht sie aber leider nicht wahrer.
Kommen wir zum Video zurück, das wir am Anfang präsentiert haben: "Der Krebs stirbt aus, wenn du beginnst, diese Lebensmittel zu essen."
Es gibt schlicht und ergreifend nicht die eine Diät, die vor Krebs schützt, geschweige denn die ihn abtöten kann.
6. Studie ist nicht gleich Studie
Viele Seiten belegen ihre Aussagen durch Studien. Dabei kommt es natürlich darauf an, wie viel Aussagekraft diese Studien tatsächlich haben und wie man sie zitiert.
- Wie viele Probanden haben tatsächlich an der Studie teilgenommen?
- Wie gravierend waren die Unterschiede zwischen Kontrollgruppe und Versuchsgruppe wirklich?
- Wie wurde das Ergebnis der Studie im Artikel, den Sie lesen, zusammengefasst?
Mailab hat dazu ein sehr schönes, leicht verständliches Video gemacht:
Unterm Strich kommt natürlich auch dabei heraus, dass man ein wenig genauer hinschauen muss, bevor man etwas glaubt, was natürlich anstrengend ist und Zeit kostet. Bevor man aber seine Gesundheit an Informationen ausrichtet, die fehlerhaft, irreführend oder schlicht und ergreifend falsch sind, sollte man diesen Schritt gehen.
In diesem Beitrag haben wir uns, gerade was das Gesundheitsblatt angeht, am Simplicissimus-Video "Gesundheitsblatt Exposed" orientiert.