
Intensivpflege ist nicht gleich Intensivpflege
Geschrieben von Johannes Schleicher am 8. April 2019
Kategorie: Intensivpflege
Carmen Wolke arbeitet seit 2011 in unserer außerklinischen Intensivpflege. Wir haben sie danach gefragt, wie sie zu uns gekommen ist, wen sie betreut und wie sie ihre Arbeit in der außerklinischen Intensivpflege empfindet.
Meine Patientin ist leider vor 14 Tagen verstorben. Bis jetzt hatte ich zwei Patienten bei Jedermann.
Die Angehörigen waren sehr zufrieden; wir hatten die Patienten jeweils von einem anderen Versorger übernommen, wo das nicht ganz so strukturiert und so gut gelaufen ist und sie nicht zufrieden waren.
Da gab es wohl kein festes Team: Eine Mitarbeiterin, die wir mit übernommen haben, wusste oft gar nicht, ob sie abgelöst wird oder nicht. Dann gab es viele Mitarbeiter, die eigentlich gar nicht in den Prozess eingearbeitet worden waren. Die Leitung war oft nicht ansprechbar, das heißt, die Angehörigen wurden mit ihren Ängsten und Problemen auch alleine gelassen. Also es sind schon schwierige Verhältnisse gewesen, was die da so erzählt haben, weil eben die Struktur und Organisation und das feste Team fehlten. Und wenn ich als beatmungspflichtiger Patient die Angst haben muss, dass die Pflegekraft mich nicht rechtzeitig absaugt oder nicht ansprechbar ist oder mich gar nicht versteht, naja, da würde ich auch nicht mitmachen.
Uns wurde aber immer wieder bestätigt, dass wir wirklich gute Pflege machen und dass sie sehr zufrieden sind mit uns, und das gibt einem ja auch immer wieder Kraft.
Wie ist die Arbeit im Team?
Wir sind ein gutes, beständiges Team und wir unterstützen uns, wo wir können. Wir sind uns immer einig in der Dienstplanung: Was geht, wird möglich gemacht, das ist alles gar kein Problem.
Also ich hab schon in mehreren Einrichtungen gearbeitet, aber sowas wie hier bei Jedermann hab ich noch nicht erlebt: Auch von der Leitungsebene kommt die Unterstützung, die man braucht.
Wenn mal was nicht läuft, wenn Spannungen sind, im Team oder mit den Angehörigen oder Patienten, dann ist der Regionalleiter auch immer der Ansprechpartner: Er steht immer zur Verfügung. Gemeinsam werden Termine für einen Hausbesuch vereinbart, um die Situation zu klären.
Und wenn mit der Regionalleitung etwas nicht klappt, man nicht zufrieden ist oder die Probleme nicht gelöst werden, dann kann man sich bei der Leiterin der Intensivpflege melden und die kümmert sich dann. Also es ist alles sehr strukturiert bei uns.
Also ich würde nie wieder wechseln. Aber ich hab ja auch bloß noch vier Jahre bis zur Rente ;)
Wie war deine letzte Patientin?
Ihre Krankheit, ALS, wurde 2009 festgestellt. Zunächst wurde sie noch von ihrer Familie gepflegt, dann hat sie sich aber für die invasive Beatmung entschieden. Die Pflege sollte zuhause stattfinden. Die Patientin ist 2012 an die invasive Beatmung gekommen und wurde ab dann auch 24 Stunden am Tag von einem Pflegedienst betreut. Zum Schluss konnte sie nicht mehr sprechen war bettlägerig und wurde medizinisch wie auch pflegerisch von uns komplett versorgt.
Das schließt natürlich Beschäftigung mit ein: Vorlesen, gemeinsam Filme schauen, Singen und verschiedene andere Sachen. Wir haben auch versucht, das Zimmer immer ein bisschen jahreszeitlich zu schmücken.
Und wie war es familiär?
Am Wochenende ist immer die Tochter gekommen, der Sohn hat mit im Haushalt gelebt, er hat auch immer bei seiner Mutti am Bett gesessen, und am Wochenende ist sie dann für 2-3 Stunden in den Rollstuhl. Sie hatte einen großen Garten, den sie früher selbst gemacht und geliebt hat. Und der Sohn hat ihn weiter gepflegt. Früher sind wir auch noch mit ihr auf die Straße oder mit der Tochter auf Spazierfahrten. Später sind wir nur noch in den Garten, im Sommer, wenn gutes Wetter war; so, wie sie es eben wollte. An Weihnachten und Ostern und solchen Festen waren auch die Enkelkinder da und es wurde im Wohnzimmer gemeinsam Kaffee getrunken.