NIV-Beatmung

NIV-Beatmung – Definition, Vorteile und Risiken

Geschrieben von Johannes Schleicher am 7. August 2019
Kategorie: Intensivpflege

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In Deutschland werden über eine halbe Million Menschen außerhalb von Krankenhäusern beatmet. Allein diese Tatsache legt nahe, dass Beatmung ein zentrales Thema der Pflege ist. Ist die konventionelle, invasive Beatmung mittels einer Trachealkanüle nicht unbedingt erforderlich, bietet sich die sog. NIV-Beatmung an, um dem Patienten eine möglichst schonende Atmungsunterstützung zu geben.

Inhalt:

Weiterführende Infos

Was ist NIV-Beatmung?

Die NIV-Beatmung (nicht-invasive Beatmung) ist eine Unterstützung der Spontanatmung des Beatmungspatienten. Sie stellt einen Überdruck her, der die Einatmung des Patienten erleichtert, und sorgt für den richtigen exspiratorischen Druck für das Ausatmen. Die NIV-Beatmung erfolgt nicht-invasiv, also nicht über eine Trachealkanüle, sondern mittels Atmungsmasken oder einem Beatmungshelm.

Die andere Beatmungsform ist die invasive Beatmung mittels einer Trachealkanüle oder einem Endotrachealtubus.

Formen der NIV-Beatmung

Bei der NIV-Beatmung unterscheidet man zwischen

  • NINPV (non invasive negative pressure ventilation)
    nicht invasive Beatmung mit Unterdruck
  • NIPPV (non invasive positive pressure ventilation)
    nicht invasive Beatmung mit Überdruck

Die NINPV ist eine zu großen Teilen überholte Form der Beatmung, die man unter anderem auch als Beatmung durch die Eiserne Lunge kennt. Überholt ist die NINPV, weil der Patient erheblich in seiner Bewegung eingeschränkt wird und dies mit neueren Beatmungsmethoden schlichtweg nicht mehr nötig ist.

Zur Info

Eine weitere Form des NINPV ist die Cuirass-Beatmung (Biphasic Cuirass Ventilation, kurz BCV). Mittels eines Panzers (Kürass), der auf dem Brustkorb aufgebracht ist, wird durch externen Unterdruck der Thorax ausdehnt. Ein massiver Nachteil ist die Lautstärke des Kompressors, der oft um mit bis zu 50 dB genutzt wird.

Die heute gebräuchliche Form der NIV-Beatmung ist die NIPPV, bei der mittels Überdruck Luft in die Lunge des Beatmungspatienten gelangt.

Zugangswege für die NIV-Beatmung

Es gibt mehrere Maskenarten, durch die man einen Patienten nicht-invasiv beatmen kann. Man unterscheidet:

  • Nasenmasken
  • Nasen-Mundmasken
  • Gesichtsmasken
  • Beatmungshelm

Daneben gibt es auch Beatmungshelme. Allerdings sind die Helme nicht mehr zeitgemäß und werden nur noch eingesetzt, wenn es den Patienten unangenehm wird, eine Maske zu tragen bzw. wenn sich durch die Maske Komplikationen ergeben.

Alle Zugangsmöglichkeiten müssen individuell an die Gesichts- bzw. die Kopfform angepasst werden. Nur so können undichte Stellen, sogenannte Leckagen, verhindert werden bzw. die Gefahr einer Dislokation (Verrutschen) verringert werden.
Beides kann, je nach Ausmaß, drastische Folgen für den Beatmungspatienten haben. Durch Verrutschen der Beatmungsmasken entstehen Leckagen. Sind die Leckagen zu groß, entweicht zu viel Luft und der Patient wird nicht mehr genügend beatmet.

Abgesehen davon können bei zu eng anliegenden bzw. nicht individuell angepassten Masken Druckgeschwüre (Druckulzera, Dekubiti) auftreten.

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Vor- und Nachteile der NIV-Beatmung

Generell wird eine NIV-Beatmung eingesetzt, wenn der Patient noch eine Spontanatmung aufweist, die lediglich unterstützt werden muss. Die folgenden Vor- und Nachteile beziehen sich auf die invasive Beatmung als Vergleich.

Vorteile der NIV-Beatmung

  • Keine Tracheotomie, also kein Luftröhrenschnitt nötig
  • Keine bzw. weniger starke Sedierung nötig
  • Geringes Infektionsrisiko
  • Sprechen möglich
  • Essen und Trinken möglich
  • Leichtere Mobilisierung
  • Das Weaning verläuft einfacher
  • Klimatisierung der Atemgase meistens nicht nötig (da Nase/Rachen bei der NIV-Beatmung nicht umgangen werden)

Nachteile der NIV-Beatmung

  • NIV-Masken können verrutschen, Klickverschlüsse können sich lösen
  • Schützt nicht sicher vor Aspiration
  • Gefahr einer Magenüberblähung
  • Gefahr der Bindehautentzündung
  • Gefahr der Mittelgesichtsdeformation durch die Maske
  • Komplexes Anbringen und Einstellen erforderlich

Wann setzt man die NIV-Beatmung ein?

Prinzipiell wird die NIV-Beatmung immer dann eingesetzt, wenn eine invasive Beatmung durch Intubation nicht erforderlich ist und der Patient bei seiner Spontanatmung unterstützt werden soll, das heißt, wenn die Eigenatmung noch vorhanden ist.

Krankheitsbilder, bei denen dies der Fall ist, sind zum Beispiel

Etwa 2-3% der erwachsenen Bevölkerung Deutschlands leiden am Schlafapnoe-Syndrom (SAS). Dabei setzt während des Schlafs die Atmung aus, da die Atemwege derart verengt sind, dass die Atmung nicht mehr möglich ist. Durch die NIV-Beatmung wird eine sichere und durchgängige Atmung während des Schlafs gewährleistet.

Was die akute respiratorische Insuffizienz (ARI) angeht, so wird sie derzeit noch zumeist mit der invasiven Beatmung behandelt, da es sich als lebensrettendes Konzept etabliert hat. Allerdings wird auch zunehmend die NIV-Beatmung verwendet, allerdings erst in 4,9% aller Fälle von ARI auf der Intensivstation, wie eine internationale Studie zeigt.

Beim Weaning bietet sich die NIV-Beatmung an. Man nutzt sie dabei als Zwischenelement zwischen invasiver Beatmung und Eigenatmung.

Zur Info

Die NIV-Beatmung wird in der Neantologie gebraucht, wenn das Neugeborene unter Atemnotsyndrom leidet. Ebenfalls wird die NIV-Beatmung in der Palliativpflege eingesetzt, um eine Dyspnoe, also Kurzatmigkeit, zu lindern.

Wann darf man die NIV-Beatmung nicht einsetzen?

Es gibt mehrere sogenannte Kontraindikationen, bei denen die NIV nicht angewandt bzw. sofort abgebrochen werden muss. Man unterscheidet zwischen absoluten und relativen Kontraindikationen. Während bei absoluten Kontraindikationen kein Interpretationsspielraum mehr möglich ist, räumen relative Kontraindikationen den Wert einer Maßnahme im Individualfall ein, wenn sie voraussichtlich mehr nützt als schadet.

Absolute Kontraindikationen

  • Nicht vorhandene Spontanatmung
  • Verlegung der Atemwege
  • Koma
  • Ileus (Darmverschluss)
  • Gastrointestinale Blutung (GIB)

Relative Kontraindikationen

  • Hohe Sekretbildung trotz Bronchoskopie
  • Hochgradige Hypoxämie (Sauerstoffmangel)
  • Starke Azidose (Übersäuerung des Blutes)
  • In hohem Maße unruhige Patienten
  • Anatomische Probleme (beim Anbringen der Beatmungsmaske)
  • Hämodynamische Instabilität

NIV-Beatmung zur COPD-Therapie

Bei der chronisch obstruktiven Lunkgenerkrankung ist ein Atemzug mit erheblich mehr Kraftaufwand verbunden als bei gesunden Menschen. Das kann schnell eine Überlastung der Atemmuskulatur und des Zwerchfells zur Folge haben.
Das ist der Grund dafür, das die Atmung unbewusst abflacht. Dies wird aber zum Problem.

Durch die abgeflachte Atmung kommt zum einen weniger Sauerstoff in den Körper, zum anderen wird das Kohlendioxid, das sich im Körper befindet, nicht mehr vollständig abtransportiert und sammelt sich dort an. Und dies kann Stoffwechselvorgänge beeinträchtigen.

Zur Info

Bei einer Anreicherung von Kohlendioxid im Blut spricht man auch von Hyperkapnie.

Das Resultat ist eine weitere Verschlechterung der COPD.

Die NIV-Beatmung unterstützt die überlastete Atemmuskulatur, sodass mehr Sauerstoff in den Körper gelangen und mehr Kohlendioxid abtransportiert werden kann. So wird die Entstehung dieses Teufelskreises von mehr Kohlendioxid und einer Verschlechterung der COPD wenn nicht unterbunden, so doch um einiges verlangsamt.

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