Lebensqualität in der Intensivpflege. Gespräch mit Annett Luther
Geschrieben von Johannes Schleicher am 14. Mai 2019
Kategorie: Intensivpflege
Annett Luther ist selbst Pflegekraft – ihre Mutter wohnt in unserer Intensivpflege-WG. Wir haben uns mit ihr darüber unterhalten, wie sie die Pflege ihrer Mutter empfindet.
Weiterführende Informationen
- Intensivpflege ist nicht gleich Intensivpflege – Gespräch mit Carmen Wolke
- Förderung in der außerklinischen Intensivpflege
- Pflegefaktor "Zeit" in der Intensivpflege-WG
Wie ist die Betreuung deiner Mutter?
Meine Mutter fühlt sich sehr wohl bei Jedermann, sie fühlt sich sehr gut aufgehoben, sie kommt vor allem mit den Pflegekräften ganz gut klar: Die versorgen Mutti, fahren auch spazieren mit ihr bei gutem Wetter, gehen mal mit ihr shoppen. Sie bekommt immer das Essen auf Rädern, aber es gibt auch einige Kollegen, die dann auch mal für sie kochen.
Sie basteln mit ihr, spielen mit ihr Mensch-Ärgere-Dich-Nicht und so etwas, was man sonst auch im Alltag macht.
Ab und zu hilft sie auch im Haushalt, zum Beispiel legt sie Wäsche zusammen, was sie auch früher gerne gemacht hat. Sie versuchen, sie an Aufgaben zu beteiligen, sodass sie ein wenig aktiv sein kann.
Und wie geht es deiner Mutter?
Sprechen ist durch die Trachealkanüle natürlich nicht so leicht, auch nicht, wenn sie entblockt ist, weil sie sehr viel hustet. Aber sie kann sich artikulieren, sie sagt, was sie will und auch, was sie nicht will. Sie kann sich richtig ohne Zeichensprache oder irgendwelche Hilfsmittel mitteilen.
Früher hat sie es gemocht, viele Leute um sich zu haben, aber mit ihrer Krankheit ist sie auch gerne alleine und macht einfach ihr Ding.
Und ich gehe sie immer zweimal die Woche besuchen, wenn's möglich ist; und bei gutem Wetter gehen wir auch mit der Schwester spazieren. Öfter kommt sie auch zu uns nach Hause, damit sie mal in eine andere Umgebung kommt.
Wie klappt das mit dem Pflegeteam?
Also ich kann mich echt nicht beschweren. Wenn irgendwas ist, dann wird das sofort besprochen. Wir haben auch Betreuungssitzungen, in denen wichtige Dinge angesprochen werden: Was gebraucht wird – zum Beispiel eine Waschmaschine, die dann angeschafft werden muss. Wenn mal ein Notfall eintritt oder Mutti im Krankenhaus ist, dann rufen sie mich auch zeitnah an, also wir fühlen uns schon sehr gut aufgenommen.
Wie ist die Situation für dich als Tochter?
Da ich ja selbst im Pflegedienst arbeite, ist es nicht einfach, die nötige Zeit zu finden für den ganzen Papierkram: Ich habe ja die Geschäftsführung von meiner Mutti übernommen, also die Finanzen und die Wohnung etc. Das war am Anfang schon sehr schwer.
Aber mittlerweile hat sich das jetzt eigentlich eingespielt. Auch meine Mutter kommt damit zurecht. Einfach ist das nie, das kann ja jeder bestätigen, der jemanden zu pflegen hat.
Was ich denke, dass sehr wichtig ist, das ist, dass man sich abgrenzt. Natürlich ist es ein großer Unterschied, ob ich jetzt einen Kunden, also einen Patienten vor mir habe oder meine Mutter. Da fällt es dann schwer, auch mal auf sich acht zu geben. Aber jetzt hat sich's gut eingespielt, auch wenn man mal was vorhat, zum Beispiel in den Urlaub fährt, dann sagt man vorher Bescheid und dann passt das auch.
Man sollte sich sein Privatleben ein bisschen erhalten. Man hat ja auch sein eigenes Leben, und das muss man auch leben können. Ich habe mit Mutti auch darüber gesprochen; das heißt ja nicht, dass man den anderen weniger lieb hat oder sich nicht um ihn kümmern will. Aber um sich selbst muss man sich eben auch kümmern.